Vor der neunten Runde war die Situation an der Spitze extrem spannend, weil noch drei Spieler die Möglichkeit hatten, Landesmeister zu werden: Frank Schwarz hatte 6 Punkte, Frederik Svane 5,5 und ich 5.
Die besten Aussichten hatte naturgemäß Frank: Mit einem Sieg wäre er unabhängig von allen Wertungsspielereien Erster. Bei einem Remis von Frank und einem gleichzeitigen Sieg von Frederik Svane würde Letzterer allerdings mit ziemlicher Wahrscheinlichkeit den ersten Platz belegen. Meine eigenen Chancen, Landesmeister zu werden, waren eher gering: Dazu bedurfte es zunächst eines Sieges gegen Frank und einer Niederlage von Frederik und einer gewissen Portion Glück in der Wertungslotterie.
Die erste Partie, die beendet war, war die zwischen Matthias Budzyn und unserem Aktivensprecher Wolfgang Krüger: Remis nach ca. zehn Sekunden. Das war ein kleiner Wertungsnachteil für Frank, denn von den sechs Partien zwischen Frank, Frederik und mir gegen Matthias und Wolfgang fand nur die von Frank gegen Wolfgang einen Sieger.
Dieser Nachteil wurde dann durch den Sieg von Thilo Koop gegen Friedrich Müller wieder ausgeglichen, denn Thilo hatte gegen Frederik gewonnen, gegen mich remisiert und gegen Frank verloren, d.h. er war ebenfalls Franks Wertungsspieler.
Im Abstiegsduell zwischen Dustin Möller und Marco Frohberg hatte Dustin das bessere Ende für sich - herzlichen Glückwunsch zum Klassenerhalt! Wertungstechnisch war dies ein Vorteil für Frank, da er im Gegensatz zu Frederik und mir gegen Marco verloren hatte.
Damit liefen noch zwei Partien: Schwarz - Krause und Noldt - Svane. Torsten Noldt hatte es geschafft, aus der Eröffnung heraus ein angenehmes Wolga-Endspiel zu erreichen und stand nach meinem Eindruck immer etwas besser. Ich hatte mich spontan am Brett dazu entschieden, nach 1.d4 c5 2.c3 mit 2....cxd4 3.cxd4 d5 in die slawische Abtauschvariante überzuleiten in der Hoffnung, dass Frank aufgrund der im ersten Absatz beschriebenen Wertungsproblematik übertriebene Gewinnversuche unternimmt. Er hatte seine Nerven allerdings zunächst im Griff, spielte betont ruhig und hatte nach der Eröffnung wahrscheinlich leichten Vorteil erzielt.
Unsere Partie lief dann bis zur Zeitkontrolle relativ ereignislos vor sich hin, mir war es aber zwischenzeitlich gelungen, die Stellung vollständig auszugleichen und ich stand vielleicht sogar einen Tick aktiver. Frederiks Stellung verschlechterte sich allerdings immer mehr (soweit ich das von außen beurteilen konnte), so dass es extrem spannend blieb. Unmittelbar nach der Zeitkontrolle endete Frederiks Partie dann ziemlich unvermittelt Remis. Damit war klar, dass Frank ein Remis zum Titel reichen würde. Für mich ging es nicht mehr um den Titel, aber ich spielte natürlich trotzdem weiter. Erstaunlicherweise war die neue Situation für Frank anscheinend eine gewisse Belastung, denn er spielte auf einmal eine Reihe von schwächeren passiven Zügen, so dass sich meine Stellung Schritt für Schritt verbesserte. Am Ende stand ich dann so aktiv, dass ich ihn sogar noch mattsetzen konnte.
Damit war Frederik Svane Landesmeister - herzlichen Glückwunsch zu diesem tollen Erfolg! Ich habe das jetzt nicht geprüft, bin mir aber ziemlich sicher, dass er der jüngste Titelträger ist, den Schleswig-Holstein jemals hatte. Trotz der etwas schwächeren Vorstellung in der letzten Runde ist der Titelgewinn in meinen Augen verdient, und etwas Glück gehört auch immer dazu - ich spreche da aus Erfahrung :-)